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Breites Bündnis für „mehr soziale Gerechtigkeit, weniger Armut und eine andere Politik“

„Mehr soziale Gerechtigkeit und weniger Armut“ fordert ein breites Bündnis aus Sozialverband Deutschland (SoVD), DGB, ver.di, Landesarmutskonferenz, Diakonie und Caritas. Bei einer gleichnamigen Fachtagung in Hannover stellte das Bündnis den Wunsch nach einem Politikwechsel in den Vordergrund der Diskussionen. In Niedersachsen sei die Armut weiter angestiegen, die Spaltung zwischen Arm und Reich wachse kontinuierlich. 

Mit neuer Politik gegen Armut

ver.di-Landesleiter Detlef Ahting machte deutlich, dass man von der neuen Bundesregierung Initiativen erwarte, diese Probleme endlich in den Griff zu bekommen. In einer gemeinsamen Erklärung werden u.a. ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn, ein öffentlicher Beschäftigungssektor für Langzeitarbeitslose sowie die stärkere Regulierung von Befristungen, Werkverträgen oder Minijobs gefordert. Ahting: „In einem der reichsten Länder der Welt die Armut zu überwinden, ist mit einer anderen Politik möglich.“

Politik und Kirche sind vor Wirtschaft eingeknickt

Die Fachtagung begann mit einem Vortrag des bekannten Wirtschaftsethikers Professor Friedhelm Hengsbach, der mit der Arbeitsmarktpolitik aller Regierungen der vergangenen drei Jahrzehnte hart ins Gericht ging. Diese ist seiner Meinung nach „gekennzeichnet von einer völligen Demontage der solidarischen Sicherungssysteme und einer Entregelung sicherer Arbeitsverhältnisse“. Politik und Kirche – Hengsbach lebt in einer Jesuitenkommunität - seien eingeknickt vor der Wirtschaft und hätten die Maßstäbe der Sozialethik vergessen. Reichtum sei politisch gewollt entstanden – deshalb müsse jetzt politisch gewollt sein, Reiche stärker zu beteiligen. Er erneuerte die Forderung nach der Einführung einer Vermögenssteuer.

Diskussion mit Politikern

In anschließenden Forumsdiskussionen stellten sich Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien den Fragen von Experten und den Besuchern. Jutta Sundermann (attac), Detlef Ahting (ver.di-Landesleiter), Dr. Manfred Benkler (früherer Direktor der Landesversicherungsanstalt) und Michaela Hofmann (Nationale Armutskonferenz) diskutierten mit Brigitte Pothmer (Bündnis 90/Die Grünen), Edelgard Bulmahn (SPD), Jutta Krellmann (Linke) und Sylvia Bruns (FDP).

Hohe Vermögen besteuern

Ein abschließendes Podiumsgespräch zum Thema „Gerechtigkeit zwischen Armutsbericht und Agenda 2010“ klärte die noch offenen Fragen. Hartmut Tölle (DGB-Landesvorsitzender) setzte die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die höhere Besteuerung von großen Vermögen und Erbschaften auf die Agenda. „Wer mehr hat kann mehr geben – so können wir öffentliche Haushalte finanziell besser ausstatten, damit Daseinsvorsorge möglich bleibt“, so Tölle.

Hartz-IV-Sätze auf über 400 Euro anheben

Dr. Hans-Jürgen Marcus (Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Hildesheim), machte die niedersächsischen Statistiken anfassbar: „Jeder siebte Niedersachse ist von Armut gefährdet. Diese Entwicklung ist alarmierend. Wir brauchen ein menschenwürdiges Existenzminimum statt Hartz IV.“ Ein Mittel dagegen sei eine wirklich angemessene Erhöhung der Arbeitslosengeld-II-Regelsätze auf deutlich über 400 Euro.

Weichen stellen für Chancengleichheit

Martin Fischer, Bereichsleiter beim Diakonischen Werkes der Landeskirche Hannover, forderte „Inklusion statt Ausgrenzung in der Bildung“. Wenn man die richtigen Weichen in Kitas und Schulen stelle, könne man Bildungszugänge und Chancengleichheit ermöglichen. Hierfür seien auf allen Ebenen neue Qualitätsstandards nötig.

SoVD: Druck auf Politk erhöhen

Deutliche Worte fand auch Edda Schliepack, die stellvertretende Landesvorsitzende des SoVD in Niedersachsen: „Der Druck auf die Politik muss erhöht werden. Und zwar egal, wer regiert. Maßstab ist eine Politik, die mehr soziale Sicherheit schafft und die jahrzehntelange Politik des Umverteilens von unten nach oben beendet.“ Sie forderte ein gesetzliches Rentensystem, das einen angemessenen Lebensstandard sichert und die Bekämpfung von Energiearmut.

Meike Janßen, eine der Sprecherinnen der Landesarmutskonferenz, mahnte langfristige Lösungen an: „Wir brauchen nachhaltige Konzepte und keine Strohfeuer“, so die Sozialpolitikerin.