Das denken wir zum Thema Existenzsicherung
In Niedersachsen haben immer mehr Menschen Probleme, ihr Leben finanziell sorgenfrei zu gestalten. Durch stark gestiegene Preise hat sich ihre Situation in den vergangenen Jahren verschärft. Rechnungen, gesunde Nahrungsmittel oder die Miete zu bezahlen sowie unerwartet anfallende Ausgaben zu bestreiten, ist für zahlreiche Haushalte nicht selbstverständlich möglich. Viele müssen auch bei ihrer Gesundheit oder Bildung sparen. Mit wenig Geld fehlt es Menschen häufig auch an sozialen Teilhabemöglichkeiten – und diese sind für ein menschenwürdiges Leben unerlässlich.
Existenzielle Geldsorgen betreffen dabei nicht nur Menschen, die auf Bürgergeld und Grundsicherung angewiesen sind, sondern auch Rentner*innen, Menschen mit zu niedrigen Löhnen, Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern. Das zeigt: Die Verbreitung von Armut ist ein Problem, das unsere Gesellschaft insgesamt prägt. Daher muss es auf der politischen Ebene grundsätzlich gelöst werden.
Für uns ist klar: Sowohl die Ursachen als auch die Folgen von Armut müssen bekämpft werden, um allen ein Mindestmaß an finanzieller und sozialer Sicherheit zu garantieren. In einem Sozialstaat muss das Geld für alle zum Leben reichen.
Auf einen Blick:
- Teilhabechancen von Familien stärken
- Sichere und faire Arbeitsverhältnisse ausbauen
- Angemessenen Lebensstandard für Rentner*innen sichern
- Sozialen und barrierefreien Wohnungsbau voranbringen
- Wandel der Arbeitswelt sozial gerecht gestalten
- Soziale Sicherungssysteme finanziell besser ausstatten
- Wohlstand gerecht verteilen und Daseinsvorsorge stärken
Dafür macht sich der SoVD stark:
1.
Teilhabechancen von Familien stärken
Alleinerziehende und Familien tragen das größte Armutsrisiko. Vor allem Kinder und Jugendliche leiden besonders unter den Folgen. Sie benötigen daher unseren besonderen Schutz und eine eigenständige Unterstützung (Kindergrundsicherung). Um die Situation des Familienhaushalts für alle zu verbessern, sind familienorientierte Rahmenbedingungen nötig, z.B. durch eine Ganztagsbetreuung für alle Kinder, die verlässlich, qualitativ hochwertig, flexibel und kostenfrei ist. Höhere Löhne und angepasste Arbeitsbedingungen sind weitere wichtige Bausteine und kommen Eltern – und insbesondere Frauen – in vielen Branchen zugute.
2.
Sichere und faire Arbeitsverhältnisse ausbauen
Der Niedriglohnsektor in Niedersachsen hat besorgniserregende Ausmaße angenommen. Menschen sind selbst bei einer Vollzeittätigkeit auf zusätzliche Leistungen wie Bürgergeld oder Wohngeld angewiesen. Dies führt zu niedrigen Renten und einer wachsenden Gefahr von Altersarmut. Insbesondere Frauen sind davon betroffen. Wir fordern daher, dass der gesetzliche Mindestlohn mit mindestens 15 Euro deutlich über der Armutsgrenze liegt. Auch die Tarifbindung muss in vielen Branchen verbessert werden. Außerdem müssen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in reguläre, sozialversicherungspflichtige umgewandelt werden, um Arbeitnehmer*innen abzusichern.
3.
Angemessenen Lebensstandard für Rentner*innen sichern
Die Altersarmut steigt bereits seit Jahren – und insbesondere in Niedersachsen fällt diese überdurchschnittlich hoch aus. Viele Rentner*innen müssen daher Grundsicherung beantragen. Kommen Pflegekosten hinzu, wird die persönliche Situation besonders heikel. Höhere Renten hängen eng mit existenzsichernden Löhnen und stabilen Arbeitsverhältnissen während der Erwerbsphase zusammen. Ziel der Rentenversicherung muss es sein, nach dem Eintritt in den Ruhestand einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Dies erfordert die sofortige Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent. Zudem benötigen wir eine Erwerbstätigenversicherung in die alle einzahlen, z.B. auch Beamt*innen.
4.
Sozialen und barrierefreien Wohnungsbau voranbringen
Fast ein Drittel ihres Einkommens zahlen Mieter*innen in Niedersachsen durchschnittlich für Miete und Wohnnebenkosten. Die hohen Mieten haben die soziale Spaltung weiter vertieft. Besonders betroffen sind Familien, Alleinerziehende, Geringverdiener*innen, Auszubildende und Studierende. Aber auch Menschen mit Behinderung, denn barrierefreier Wohnraum ist besonders teuer. Die Versorgung mit Sozialwohnungen hat sich auch in Niedersachsen verschlechtert; ihre Zahl ist mittlerweile auf 50.000 Wohnungen gesunken. Das Land Niedersachsen muss die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum jetzt verstärkt vorantreiben und den sozialen Wohnungsbau dringend ausbauen. Barrierefreiheit muss bei Neubauten zwingend von Anfang an mitgedacht werden.
5.
Wandel der Arbeitswelt sozial gerecht gestalten
Unsere Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Viele Jobs sind schlecht bezahlt, bei anderen sind der Fachkräftemangel oder die körperliche und psychische Arbeitsbelastung sehr groß. Ein Mindestmaß an finanzieller Sicherheit zu erreichen, wird immer schwieriger. Besonders betroffen sind Frauen, Personen ohne Bildungs- oder Berufsabschluss, Menschen mit Behinderung und Migrant*innen.
Damit Menschen möglichst gesund in Rente gehen können, sind gute Arbeitsbedingungen essenziell. Durch gezielte Förderung von Aus- und Weiterbildung kann zudem ein Aufstieg im Arbeitsleben ermöglicht werden. Neben der sozial gerechten Gestaltung des Arbeitsmarkts müssen daher Weiterbildung und Qualifizierung gestärkt werden.
6.
Soziale Sicherungssysteme finanziell besser ausstatten
Die Sozialversicherungssysteme der Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sind wesentliche Stützpfeiler unserer Gesellschaft und tragen entscheidend zum Erhalt sozialer Stabilität und sozialer Gerechtigkeit bei. Doch diese Systeme geraten zunehmend unter Druck. Sie benötigen eine ihren Aufgaben angemessene, höhere finanzielle Ausstattung. Die immer weiter steigenden Pflichtbeiträge der einzahlenden Bürger*innen sind dabei keine Lösung; stattdessen ist eine stärkere Steuerfinanzierung überfällig. Auch müssen die Systeme in Richtung einer Bürgerversicherung ausgebaut werden, in die alle einzahlen.
7.
Wohlstand gerecht verteilen und Daseinsvorsorge stärken
Die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge garantieren soziale Sicherheit, denn sie stellen Einrichtungen und Dienstleistungen bereit, die für die Grundversorgung erforderlich sind (z.B. Schwimmbäder, Bibliotheken, ÖPNV oder Müllabfuhr). Viele Gemeinden haben finanzielle Probleme, sodass sie notwendige Leistungen kürzen oder verteuern müssen. Für eine bessere Verteilung der finanziellen Ressourcen muss die Einnahmeseite des Staates gestärkt werden. Hierfür muss der Spitzensteuersatz für Personen mit einem Vermögen von mindestens einer Million Euro angehoben werden – das betrifft etwa ein Prozent der Deutschen. Darüber hinaus fordern wir eine Vermögens- und Finanztransaktionssteuer, eine höhere Besteuerung der in Deutschland erwirtschafteten Unternehmensgewinne sowie die Anhebung der Steuersätze für große Erbschaften.