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Barrierefreiheit muss „allen gerecht“ werden und Pflicht im Architekturstudium

Zu einem Erfahrungsaustausch anlässlich der Wander- ausstellung „Barrierefrei planen, bauen und wohnen“ hatte der SoVD Niedersachsen unter dem Titel „Barrierefreiheit – Was ist erreicht? Was liegt noch vor uns?“ mehrere Expertinnen und Experten sowie interessiertes Fachpublikum eingeladen.

Der Landesbehindertenbeauftragte Karl Finke forderte: „Barrierefreiheit für alle – und Schluss mit dem Tunnelblick! Ein Rollstuhlfahrer hat andere Bedürfnisse als ein Blinder oder als ein Gehörloser, und die entsprechenden Hilfen können sich sogar gegenseitig stören.“ Er plädierte für das Thema Barrierefreiheit als Pflichtthema im Architekturstudium und für weitere Aktivitä-ten auf sozialpolitischer Ebene.

Die Projektleiterin der Ausstellung, Heike Böhmer, zeigte in ihrem Vortrag, dass Architekten sich zu wenig mit den Planungshilfen und Normen zum barrierefreien Bauen befassen. „Wir müssen Abstand nehmen von den Begriffen ‚altengerecht’, ‚kindgerecht’, ‚behindertengerecht’. Barrierefreiheit ist „allen gerecht“ und sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit sein.“ Das Ziel sei heute, möglichst vielen Menschen eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen.

Peter Winter von der Reichsbund Wohnungsbau GmbH berichtete von dem Wandel im Bewusstsein der Mieter, der in den vergangenen Jahren deutlich spürbar geworden sei. „Menschen ab 50 Jahren aufwärts schauen heute bewusster voraus. Für sie ist zum Beispiel ein Aufzug bereits Standard.“ Er schilderte aber auch die besondere Schwierigkeit, barrierefreie Wohnungen zu planen und zu bauen, ohne zu wissen, welche konkreten Bedürfnisse ein behinderter Mieter habe, denn: „Behinderung ist nicht gleich Behinderung.“

Hannovers Behindertenbeauftragte Andrea Hammann erinnerte daran, dass Barrierefreiheit auch mit dem Wohn-Umfeld zu tun hat: „Eine barrierefreie Wohnung nützt mir nichts, wenn ich meinen Nachbarn nicht besuchen, wenn ich den öffentlichen Nahverkehr und den Supermarkt nicht nutzen kann.“ Hammann betonte: „Bei der Erstplanung läuft leider noch immer viel falsch.“

Dies hob auch Bernd Skoda, SoVD-Beauftragter für barrierefreies Bauen und Gestalten, hervor und sagte: „Das Thema Barrierefreiheit steckt noch in den Kinderschuhen, weil man es für eine ungeliebte Bringschuld hält. Barrierefreiheit ist aber nicht teuer, wenn man vor dem Bauen richtig plant. Teuer sind Veränderungen nur im Nachhinein.“