Das denken wir zum Thema Pflege
Unser Pflegesystem zeigt gravierende Mängel. Eine wachsende Zahl an Pflegebedürftigen steht einem Fachkräftemangel gegenüber, der insbesondere in ländlichen Regionen zu Knappheit führt. An dieser prekären Lage haben auch zahlreiche Pflegereformen nur wenig geändert. Im Gegenteil: Die finanziellen Belastungen für pflegebedürftige und pflegende Personen steigen immer weiter an, und die Kosten und Bedarfe werden nur völlig unzureichend durch die Pflegeversicherung aufgefangen. Nach wie vor bestehen erhebliche Defizite in der pflegerischen Versorgung wie auch in der strukturellen Ausgestaltung der Pflegeversicherung.
Der SoVD ist eine starke Lobby für hilfe- und pflegebedürftige Menschen gegenüber Politik und Gesellschaft. Mehr Unterstützung und Anerkennung für pflegende Angehörige sowie bessere Arbeitsbedingungen und mehr gesellschaftliche Wertschätzung der professionellen Pflegekräfte sind dabei nur zwei Schwerpunkte, denen sich der SoVD widmet.
Auf einen Blick:
- Pflegende Angehörige umfassend unterstützen
- Bezahlbare und qualitätsgesicherte stationäre Pflege sicherstellen
- Pflege-Bürgerversicherung einführen
- Für ausreichend Pflegepersonal und mehr Wertschätzung des Berufs sorgen
- Pflegebedürftigkeit vorbeugen – Prävention stärken
- Unterschiedliche Unterstützungsbedarfe berücksichtigen
Dafür macht sich der SoVD stark:
1.
Pflegende Angehörige umfassend unterstützen
Pflegende Angehörige und nahestehende Personen sind durch ihre Tätigkeit oftmals einer hohen psychischen und körperlichen Belastung ausgesetzt. Deshalb benötigen sie eine flächendeckend verlässliche, qualifizierte und aktive Beratung und Begleitung. Die Angebote sind zielgruppengerecht auszugestalten, denn auch rund 480.000 Kinder und Jugendliche pflegen bundesweit Familienmitglieder wie Eltern oder Geschwister.
Damit Pflege von Angehörigen kein Armutsrisiko darstellt, gehört auch eine bessere finanzielle Absicherung der pflegenden Angehörigen dazu – zum Beispiel durch eine bezahlte Pflegezeit.
2.
Bezahlbare und qualitätsgesicherte stationäre Pflege sicherstellen
In den vergangenen Jahren sind die Kosten für die Unterbringung in einem Pflegeheim exorbitant gestiegen. Bereits jetzt können über 30 Prozent der Heimbewohner*innen nur noch mit Sozialhilfeleistungen die Unterbringung finanzieren. Daher setzen wir uns für eine Pflegevollversicherung ein, die alle Leistungen zur Pflege, Betreuung und Teilhabe umfasst.
Missstände in Pflegeheimen machen immer wieder Schlagzeilen. Knapp 120.000 Menschen werden in Niedersachsen stationär im Pflegeheim betreut. Für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ist die Versorgungsqualität in Pflegeheimen von entscheidender Bedeutung. Allerdings veröffentlichen nicht alle Bundesländer Daten zur Pflegequalität. Niedersachsen gehört leider dazu. Hier benötigen wir dringend eine gesetzliche Regelung, damit Informationen über den Personalschlüssel oder schwerwiegende Mängel in Einrichtungen allgemein zugänglich und transparent gemacht werden.
3.
Pflege-Bürgerversicherung einführen
Pflegebedürftigkeit kann jede*n treffen. Die Absicherung dieses Risikos und die Sicherstellung würdevoller Pflege sind daher gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Statt eine unsoziale Zwei-Klassen-Absicherung des Pflegerisikos zu verstärken, muss die Pflegeversicherung langfristig zu einer Pflege-Bürgerversicherung weiterentwickelt werden. Darüber hinaus muss die Beitragsbemessungsgrenze einheitlich auf das in der Rentenversicherung geltende Niveau angehoben werden.
Die Leistungen der Pflegeversicherung müssen grundlegend erhöht werden. Wichtig ist dabei, dass die finanzielle Unterstützung der Pflegebedürftigen jährlich angepasst wird, um mit den jeweils aktuellen und realistischen Lebenshaltungskosten Schritt zu halten. Außerdem sollten die Leistungen flexibler und einfacher zugänglich gestaltet werden. So können pflegebedürftige Menschen individuell und selbstbestimmt entscheiden, wie sie diese – je nach tatsächlichem Bedarf – für ihre Pflege einsetzen möchten.
4.
Für ausreichend Pflegepersonal und mehr Wertschätzung des Berufs sorgen
Um eine engagierte und qualitativ hochwertige Pflege zu gewährleisten und dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssen professionelle Pflegekräfte sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf arbeitsrechtlicher Ebene mehr Unterstützung erhalten. Es braucht attraktivere Arbeitszeitmodelle und Aufstiegschancen sowie bessere Studien- und Fortbildungsangebote.
Um die Attraktivität der Fachausbildung zu erhalten, muss damit eine höhere Verantwortung und Eigenständigkeit in der beruflichen Pflegepraxis einhergehen. Fachkräfte dürfen nicht zu Hilfskräften degradiert werden.
5.
Pflegebedürftigkeit vorbeugen – Prävention stärken
Gesundheitsförderung und Prävention können Pflegebedürftigkeit entgegenwirken sowie ihr Fortschreiten verhindern oder verlangsamen. Daher müssen gesundheitsförderliche Verhältnisse geschaffen und niedrigschwellige und barrierefreie Angebote in ganz Niedersachsen bereitgestellt werden. Dafür sind insbesondere präventive Hausbesuche geeignet, um frühzeitige Hilfebedarfe zu erkennen und entsprechende Unterstützung zu organisieren. An Präventionsmaßnahmen muss bei hoher Arbeitsbelastung auch schon in der Erwerbsphase, spätestens aber mit Eintritt ins Rentenalter, gedacht werden.
6.
Unterschiedliche Unterstützungsbedarfe berücksichtigen
Der Hilfe- und Pflegebedarf von zu Hause lebenden Pflegebedürftigen ist vielfältig und kann neben einer spezifischen medizinischen und pflegerischen Versorgung auch hauswirtschaftliche Unterstützung sowie Angebote zur Alltags- und Lebensgestaltung umfassen. Das gilt umso mehr für Menschen mit Migrationshintergrund oder queere Menschen.
Um diese Bedarfe zu decken, sind wohnortnahe, barrierefreie und flächendeckende Maßnahmen nötig. Diese müssen ambulante und teilstationäre geriatrische Behandlungs- und Rehabilitationsangebote einschließen sowie auch eine diesbezügliche hausärztliche und fachärztliche Versorgung.