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SoVD klagt erfolgreich für 84-JährigenKrankenkasse verweigert Rentner lebenswichtige Behandlung

Michael K. (Name geändert) ist durch eine Erkrankung auf eine regelmäßige Behandlung mit Antikörpern, sogenannten Immunglobulinen, angewiesen. Doch obwohl sich der Gesundheitszustand des 84-Jährigen dadurch erheblich gebessert hat, ist Michael K.s Krankenkasse nicht mehr bereit, die Therapiekosten zu tragen. Der SoVD klagt erfolgreich gegen die Entscheidung.

Michael K. leidet seit 1992 an einer seltenen Erkrankung, die dazu führt, dass sein Immunsystem nicht mehr richtig arbeitet. Der ehemalige Bergarbeiter hat deshalb immer wieder Lungenentzündungen, die schwer verlaufen. Mehr als einmal war sein Zustand lebensbedrohlich. „Am Anfang musste ich bis zu sechsmal im Jahr behandelt werden. Ich kann nicht sagen, wie oft ich schon in einer Klinik lag, weil es mir so schlecht ging“, sagt der 84-Jährige. Die übliche Behandlung mit Antibiotika habe immer nur vorübergehend geholfen. Es stellen sich zunehmend Resistenzen ein und es muss auf sogenannte Reserveantibiotika zurückgegriffen werden. Erst 1998, nachdem Michael K. sich an die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) wendet, kann die richtige Diagnose gestellt und eine geeignete Therapie gefunden werden. Der Direktor der Klinik für Immunologie und Rheumatologie der MHH, Prof. Dr. Reinhold Ernst Schmidt, diagnostiziert damals ein „Antikörpermangelsyndrom bei monoklonaler Gammopathie unbestimmter Signifikanz“. Michael K. bekommt seither alle zwei bis drei Wochen Antikörper, die sein Immunsystem unterstützen. Durch die Gabe dieser sogenannten Immunglobuline hat sich sein Gesundheitszustand erheblich verbessert. „Ich bin zwar nicht geheilt, aber die Zahl der schweren Infektionen hat sich durch die Therapie stark reduziert“, sagt der Rentner. Auch Schmidt, der Michael K.s behandelnder Arzt geblieben ist, zeigt sich überzeugt, dass die Behandlungsmethode effektiv hilft.

Nach Begutachtung durch den Medizinischen Dienst soll die Behandlung abgebrochen werden

Bis 2009 hat Michael K. durch die Medikamente, die ihm in der MHH ambulant verordnet und verabreicht werden, ein einigermaßen sorgenfreies Leben. Doch nach einer Überprüfung seines Gesundheitszustandes durch den Medizinischen Dienst (MD) bestreitet seine Krankenkasse, dass die Behandlung notwendig sei und erklärt dem Rentner, dass sie diese nicht weiter bezahlen werde. Als Begründung gibt die Krankenkasse ein Gutachten des MD an, in dem dargelegt wird, dass die Erkrankung nicht akut lebensbedrohlich sei. „Ich war sehr geschockt, als mir mitgeteilt wurde, dass die Behandlung abgebrochen werden soll“, sagt der 84-Jährige. Für ihn steht fest, dass er sich mit dieser Haltung der Krankenkasse nicht abfinden will.

Der SoVD unterstützt sein Mitglied im zehnjährigen Kampf um die Fortführung der Therapie

So beginnt für K. ein zehnjähriger Kampf um die Fortführung der für ihn so wichtigen Behandlung. Unterstützt wird er dabei vom SoVD, der umgehend Widerspruch gegen die Entscheidung der Krankenkasse einlegt. „Dass diese für Herrn K. notwendige Therapie nicht weitergeführt werden durfte, war schon eine harte Entscheidung der Krankenkasse“, findet Karin Thiede, die als Juristin für den SoVD-Landesverband Niedersachsen arbeitet und das Eil- und Berufungsverfahren betreut.

Nachdem die Kasse dem Widerspruch nicht stattgibt, klagt der SoVD in Vertretung für den 84-Jährigen zunächst vor dem Sozialgericht in Hannover, dann vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle. Eilverfahren und Klage vor dem Sozialgericht Hannover sind zunächst erfolglos, jedoch in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht erfolgreich. „Somit konnten aufgrund der positiven Eilentscheidung des Landessozialgerichts die Therapie mit den Immunglobulinen an der MHH zumindest vorerst weiterlaufen und lebensbedrohliche Situationen abgewendet werden“, berichtet Thiede. Schließlich hätten die Medikamente nachweislich geholfen. Die Verpflichtung der Krankenkasse zur Kostenübernahme der Therapie steht jedoch unter dem Vorbehalt einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung, sodass der Kläger während der gesamten weiteren Verfahrensdauer befürchten muss, die entstandenen Kosten doch noch selbst tragen zu müssen. „Ich bin eigentlich ein ruhiger Typ, aber das hat mich sehr aufgeregt und belastet“, so Michael K. Vor allem der lange Zeitraum, in dem er keine Sicherheit gehabt habe, ob das Gericht endgültig zu seinen Gunsten entscheiden würde, habe ihn stark mitgenommen.

Schließlich beauftragt die Krankenkasse selbst ein Gutachten – mit Erfolg für Michael K.

Durch mehrere Instanzen wird von Seiten der Krankenkasse immer wieder bestritten, dass die Erkrankung lebensbedrohlich sei, obwohl zwei Sachverständigengutachten aus 2011 und 2013 sowie die Einschätzung des behandelnden Immunologen dies feststellen und der Kläger seit 1992 nachweislich an zahlreichen Pneumonien erkrankt ist, die häufig in eine Sepsis münden. Schließlich kommt das Verfahren 2017 an das Bundessozialgericht in Kassel, nachdem die Krankenkasse gegen das Urteil des Landessozialgerichtes, das im Januar 2017 zugunsten Michael K.s ausfällt, Revision eingelegt. Doch das Bundessozialgericht fällt kein richtungsweisendes Urteil, sondern verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurück. Die abschließende juristische Auseinandersetzung findet dann abermals dort statt. „Bis dahin war es eine harte juristische Konfrontation“, resümiert Thiede. Das Verfahren endet schließlich im Mai 2019. Nachdem die Krankenkasse selbst ein Gutachten in Auftrag gibt, welches zugunsten Michael K.s ausfällt, erkennt sie schließlich nach zehn Jahren den Anspruch des Klägers in vollem Umfang an und übernimmt die entstandenen Kosten aller Instanzen.

„Ich habe nun endlich Sicherheit, dass die Behandlung auf Kosten der Krankenkasse weitergeführt werden darf und ich bin deswegen unheimlich erleichtert“, sagt der 84-Jährige. Dem SoVD ist Michael K. sehr dankbar. „Ich bin froh, dass ich mir damals Hilfe beim SoVD gesucht habe. Das war eine wichtige und gute Entscheidung“, sagt er und ergänzt: „Ich bin hier richtig beraten worden, das Verfahren lief sehr gut für mich und auch der ermutigende Zuspruch von Frau Thiede hat mir sehr geholfen.“