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Long Covid: Rentenversicherung lehnt Reha-Antrag ab„Ich bin einfach nicht mehr der Mensch, der ich vor meiner Erkrankung war“

Im März 2021 infiziert sich Nicole V. (Name geändert) bei der Arbeit mit dem Corona-Virus. Auch Monate nach der Ansteckung ist sie noch nicht wieder fit und leidet unter massiven gesundheitlichen Einschränkungen. Deshalb beantragt die 52-Jährige eine Reha. Doch die Deutsche Rentenversicherung Bund lehnt den Antrag ab – bis sich der SoVD einschaltet.

Als Physiotherapeutin arbeitet Nicole V. dicht mit ihren Patient*innen zusammen. So steckt sie sich auch im März vergangenen Jahres mit dem Corona-Virus an. „Zu diesem Zeitpunkt konnten wir Physiotherapeuten uns noch nicht impfen lassen. Das kam erst kurze Zeit später“, erzählt die 52-Jährige. Die Symptome hätten sich angefühlt wie eine schlimme Grippe. „Das Ganze hat sich auch relativ lange hingezogen“, berichtet sie weiter.

Die Symptome bleiben – Nicole V. leidet an Long Covid

Als sie nicht mehr krankgeschrieben ist, kehrt sie in ihren Job zurück. Doch wirklich fit ist sie noch nicht. „Nach zwei bis drei Stunden war ich völlig erschöpft. Ich konnte nur arbeiten, wenn ich mich vorher und nachher einige Zeit ausgeruht habe“, so Nicole V. Damals habe sie sich noch nicht viel dabei gedacht: „Ich habe mir immer gesagt: Das wird schon. Das braucht halt seine Zeit. Mit Corona ist eben nicht zu spaßen.“

Doch die massiven gesundheitlichen Einschränkungen bleiben. Die Physiotherapeutin ist permanent erschöpft, hat starke Konzentrationsschwierigkeiten, leidet an Vergesslichkeit, Migräne und Rückenbeschwerden. In den nächsten Monaten ist klar: Nicole V. hat Long Covid. Diese Langzeitfolgen der Corona-Infektion werden nicht so schnell nachlassen. „Ich habe vieles versucht. Ich habe manuelle Therapie und Ergotherapie bekommen und bin ja auch permanent in ärztlicher Behandlung. Doch nichts davon hat meine Situation wirklich verbessert“, sagt Nicole V. Besonders schlimm sei die Untersuchung bei einem Neurologen für sie gewesen: „Er hat verschiedene Tests mit mir gemacht. Bei einem sollte ich eine Uhr zeichnen. Das konnte ich nicht. Ich wusste einfach nicht mehr, wie das geht. Das hat mir furchtbare Angst gemacht.“ Auch an Gespräche mit ihren Kindern kann sich die 52-Jährige oft nicht erinnern. „Ich weiß dann nicht mehr, was sie mir erzählt haben. Als hätte ich Demenz. Ich bin einfach nicht mehr der Mensch, der ich vor meiner Erkrankung war“, berichtet sie.

Beantragung einer Reha

Für Nicole V. ist im Sommer 2021 klar: So kann es nicht weitergehen. Deshalb beantragt sie eine Reha bei der Deutschen Rentenversicherung. Doch dieser wird abgelehnt. Die Begründung: Die Arbeitsfähigkeit von Nicole V. sei durch die angegebenen Gesundheitsstörungen nicht erheblich eingeschränkt. Die Behandlung durch einen Nervenarzt oder einen Psychotherapeuten sei ausreichend.

„Ich hatte das Gefühl, dass man mir nur Knüppel zwischen die Beine wirft und dachte, ich schaffe das nicht alleine“, sagt die Physiotherapeutin. Deshalb wendet sie sich an den SoVD in Osnabrück. SoVD-Beraterin Mirja Mohrhenn legt sofort Widerspruch ein. „Die Arztberichte von Frau V. zeigen ganz deutlich, dass sie bereits alles versucht hat, um wieder komplett gesund zu werden. Leider hat das bislang nicht geholfen. Sie geht zwar weiterhin arbeiten, aber das geht definitiv zu Lasten ihrer Gesundheit“, betont Mohrhenn. Zu behaupten, dass es bei der Erwerbsfähigkeit keine Einschränkungen gebe, sei zynisch. Der SoVD-Widerspruch hat schließlich auch Erfolg, Nicole G. bekommt die Genehmigung für eine Reha.